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Die Rhätische Bahn, in vielen Köpfen als Ferienbahn in romantischer Erinnerung, macht auf einer ganz anderen Ebene Dampf: im zukunftsgerichteten Umgang mit Daten. Die Vision von Meinrad Hidber, Projektleiter für Data Science bei der RhB, basiert auf einer gut schweizerischen Tradition – es geht um nichts weniger als die “Demokratisierung der Daten”. Mit im Zug sitzt Julia Moser von Corporate Software als Wegbegleiterin für Microsoft Power BI.

Meinrad Hidber steuert das digitale Rangierwerk im Vorhaben “Data Science” der RhB. Er stellt die Weichen zwischen Mensch, Business und Technik. “Ich bin von Haus aus Betriebswirtschafter, 15 Jahre lang als IT-Berater im HR-Bereich. Jetzt bringe ich dieses Wissen in die RhB ein”, so Hidber. Es sei essentiell, ein solches Vorhaben im Rahmen der digitalen Transformation umfassend mit dem Mensch im Zentrum zu betrachten. “Da kommt auf unsere Organisation ganz viel Neues, Unbekanntes zu. Wir führen nicht nur neue Technik und Workflows ein, sondern ein anderes Denken, neue Rollen, neue Erwartungshaltungen – eine grosse Transformation mit allen Ängsten, Unsicherheiten und mutigen Schritten, die in einem solch umfassenden Wandel einfach dazu gehören. Wir stehen damit erst ganz am Anfang”, resümiert Hidber die ersten beiden Jahre des Projekts seit 2018.

Julia Moser von Corporate Software stösst im Mai 2020 dazu. Ihr Auftrag: Mittels Power BI von Microsoft neue Workflows, Visualisierungen und Berichte für die Anforderungen der PowerUser zu entwickeln. Sie bildet das Frontend des Vorhabens. “Julia Moser überträgt mit der von ihr entworfenen Berichtsarchitektur und den entsprechenden Trainings das neue Mindset auf die Power User. Weg von statischen Excel-Reports, hin zu interaktiven Self-Service-Dashboards,” so Hidber zu Julias Rolle im Team.

The Big Picture

Das Vorhaben der RhB ist gross und komplex. Seit 2017 gibt es eine konzernweite Digitalstrategie, das “Big Picture”, wie die Ausrichtung intern genannt wird. “Data Science ist Teil der Digitalstrategie. Ein Data-Science-Vorhaben sollte unbedingt in einen grösseren Kontext gestellt sein, der vom Management mitgetragen wird”, empfiehlt Hidber.

2018 durfte Hidber das Vorhaben Data Science starten – mit Unterstützung der obersten Geschäftsführung. Dies verleiht dem Vorhaben die nötige Legitimation, ging es doch in einem ersten Schritt darum, die verschiedensten Datentöpfe im Unternehmen zu identifizieren und eine Insellösung nach der anderen in das neue Data Warehouse auf Microsoft Azure zu integrieren. “Das Technische war anspruchsvoll, ist nun nach und nach gelöst, wir verfügen über umfassende Informationen aus verschiedenen Geschäftsbereichen. Damit haben wir aber noch keinen Mehrwert generiert. Das passiert erst, wenn unsere Mitarbeitenden die Daten so verwenden, dass sie daraus gemeinsam Erkenntnisse ableiten und systematisch datengestützte Entscheidungen treffen”, so Hidber.

Mindestens zwei Herausforderungen sieht Hidber: “Die RhB hat auf der einen Seite gemerkt, dass sie zwar Prozesseigner und Applikationseigner definiert hat, aber keine Dateneigner. Wir wollen genau wissen, wer für welche Daten verantwortlich ist. Es geht um Konsistenz, Datenhoheit, Validität – wir wollen Klarheit darüber, welche Daten wie gültig sind und wer über eine Veränderung im Datenstamm entscheiden darf. Nur so bekommen wir ein einheitliches Bild auf unser Gesamtunternehmen,” erklärt Hidber die Bedeutung von Data Governance im Vorhaben.

Hidber führt weiter aus: “Auf der anderen Seite werden die Daten erst lebendig, wenn sie von unseren Mitarbeitenden wirksam angewendet werden und damit einen Mehrwert schaffen – und hier kommt Julia Moser von Corporate Software ins Spiel.”

Demokratisierung der Daten

Die oben aufgezeigten Schritte im Data-Science-Vorhaben haben ein Ziel: die Demokratisierung der Daten. “Meine Aufgabe besteht darin, mit den Power Usern die Cases so zu definieren, dass den Anwendern der Mehrwert der neuen Lösung intuitiv klar wird. Ich konzipiere die Architektur der Berichterstellung und erstelle daraufhin Templates und Visualisierungen, die von den Anwendern selber weiter bearbeitet werden können,” fasst Julia Moser ihren Beitrag im Vorhaben zusammen.

Die Architektur beruht auf Microsoft Power BI. Julia Moser hat bereits vor ihrem Einbezug ins Vorhaben die Mitarbeitenden der RhB in der Verwendung von Power BI geschult. Die Motivation der Mitarbeitenden ist gross, umso mehr als die ersten Berichte nun in den Live-Betrieb übergehen. “Der Pünktlichkeitsbericht visualisiert neu das gesamte Streckennetz der RhB in einer Kartenansicht und zeigt mit Farben an, wo Verspätungen auftreten. Die jeweiligen Verantwortlichen können live mit Kolleginnen und Führung in die Visualisierung eintauchen und gemeinsam und interaktiv den Ursachen auf den Grund gehen. Das war vorher nicht möglich. Der Mehrwert ist offensichtlich,” freut sich Moser über die ersten Erfolge bei den Endanwenderinnen.

Befähigung zur Selbst-Wirksamkeit

In Zukunft wird Moser die Anwender*innen direkt in den gemeinsam definierten Use Cases schulen, damit ihre Kompetenz auf die RhB nach und nach übergeht. “Es geht mir darum, die Menschen bei der RhB so zu unterstützen, dass sie die Berichte und Auswertungen selber je nach ihren ganz individuellen Business-Herausforderungen schneiden können,” so Moser. Nur so könne das Ziel der Demokratisierung erreicht werden. “Es reicht nicht, dass die Daten verfügbar sind. Erst wenn alle die nötigen Kompetenzen besitzen, die Daten sinnvoll für ihre spezifische Rolle innerhalb der RhB anzuwenden, können wir von einer Demokratisierung der Daten sprechen”, führt Moser weiter aus.

Dazu gehören nicht nur Kenntnisse über Power BI, es gehe um Zusammenarbeit, Eigenverantwortung und Innovation, die durch viele kleine Neuerungen Stück für Stück passiert. “Wir bei Corporate Software interpretieren unsere Rolle als Externe genau so: Wir arbeiten interdisziplinär, bringen neben Technik und Microsoft-Produktwissen unsere Business- und Agilitätskompetenz ein und wünschen uns mit unseren Kunden einen ko-kreativen Austausch auf Augenhöhe. Das neu entwickelte RhB-Umfeld passt dazu wie die Faust aufs Auge.”

Jeden Sprint ein Stückchen besser

Alle zwei Wochen liefert das Team seine neusten Entwicklungen aus. “Sprints” heissen die kurzen Zyklen, in denen das Team in eigener Abstimmung an den Lösungen arbeitet. Julia Moser als externe Beraterin ist Teil des intern und extern gemischten RhB-Scrum-Teams, das sich um Architektur, Data Warehouse,

Berichtsworkflows und -visualisierungen kümmert. Und kann so ihre Rolle als Externe ganzheitlich einnehmen.

“Diese Projektorganisation entspricht mir. Ich kann mich direkt einbringen, habe so auch als externe Expertin jederzeit Einfluss auf das Projekt. Ich kann umgehend Dinge ansprechen, die sonst vielleicht niemand gesehen oder gesagt hätte – auch zu Bereichen, die nicht direkt in meiner Rollendefinition sind. So sind wir als Team unglaublich stabil und ergänzen uns, wo immer möglich”, fasst Julia ihre Rolle zusammen. Die agile Vorgehensweise, die es ermöglicht, dass IT-Professionals, Data Scientists, Data-Architekten, Fachanwender, Auftraggeber und eben Julia für Power BI in einem Team eng zusammenarbeiten, stellt für Hidber einen Schlüssel des Erfolgs dar.

“Wir haben bereits viele Lernchancen wahrgenommen,” meint er schmunzelnd, wenn er davon spricht, wie sie zu Beginn das Vorhaben klassisch als Wasserfallprojekt aufgesetzt hatten. “Wir waren eher langsam, zu weit weg vom Business, unseren ersten Proof of Concept haben die Anwender nach sechs Monaten Entwicklungszeit beinahe wieder vergessen.” Mittlerweile lädt das Dev-Team alle zwei Wochen zu einem Review-Meeting ein, zeigt seine Neuentwicklungen und übergibt Use Case für Use Case an den Betrieb. “Das Vertrauen innerhalb des Entwicklungsteams und mit den Anspruchsgruppen um uns herum steigt von Sprint zu Sprint. Weil wir alle zwei Wochen unsere Resultate und Erfolge transparent kommunizieren und auf neue Anforderungen unserer Mitgestalter eingehen,” hebt Moser hervor.

Die Zukunft heisst “Open Data”

“Wir beginnen erst gerade, das riesige Potenzial von Data Science zu entdecken”, so Hidber. “Wir verzahnen mit unserer neuen Zusammenarbeit die technische Weiterentwicklung, das Wissen über die Tools und eine neue Kultur der Agilität und Selbstbefähigung. Damit sind wir als Unternehmen ganz vorne mit dabei, dieses Vorhaben und unsere gesamte Digitalstrategie ist absolut State-of-the-Art. Die Rhätische Bahn gibt Vollgas.”

In Zukunft soll die Demokratisierung der Daten nicht nur intern geschehen. Die RhB plant, ihre Daten auf öffentlichen Plattformen wie Open Data zu teilen, stellt also Dritten die Daten für neue Ideen zur Verfügung. So öffnen sich die Unternehmensgrenzen und Innovation kann von überall – intern und extern – geschehen. Hidber und Moser sind beide stolz: “Mit der Strategie der Demokratisierung der Daten leisten wir einen Beitrag, der zeitgemässer nicht sein könnte. Er verbindet Technik mit Business und gibt dem Menschen die Eigenverantwortung, mit den Daten sich und seine Organisation weiterzuentwickeln.”