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Thomas von Mentlen – unser Cloud Consultant & Bots Mentor hat Primo Amrein, Cloud Lead bei Microsoft zu einem Jahr “Schweizer Datacenter” gratuliert und ihm dabei seine brennenden Fragen über seine Erfahrung mit dem Schweizer Datacenter, die Sicherheit in der Cloud, Cognitive Services, Microsofts Unterstützung von NGOs, die Nutzung von MS Plattformen in Schulen, die nahen Zukunftspläne von Microsoft und seinen ersten Computer gestellt.

Mit der Cloud zu mehr Sicherheit
Was Primo Amrein, Cloud Lead bei Microsoft, immer mehr feststellt, ist dass im Bereich Cloud und Security ein massives Umdenken stattgefunden hat. Vor zwei, drei Jahren sind die Kunden aufgrund der Security nicht in die Cloud, heute ist es genau umgekehrt. Die Kunden wollen wegen der Security in die Cloud.

Thomas von Mentlen:
Bevor die Cloud da war, was war dein erstes Betriebssystem, mit dem du in Berührung gekommen bist? Völlig losgelöst vom Cloud Kontext.

Primo Amrein:
Mein erstes Betriebssystem war ein AmigaOS beim Commodore – unter dem Strich war es ein Game Computer. Denn weder damals noch heute war ich extrem in der Technik drin, so dass ich dir jetzt irgendwelche Spezifikationen aufzeigen könnte. Aber so hat es bei mir angefangen.

Thomas von Mentlen:
Bei mir war es ein Mac OS 9. Ich bin erst einmal mit Apple aufgewachsen und irgendwann habe ich es dann zusätzlich auch auf die «andere» Seite geschafft.

Thomas von Mentlen:
Ganz grundsätzlich, wie zufrieden bist du mit der Cloud Adaption in der Schweiz?

Primo Amrein:
Wir sind sehr zufrieden. Doch es ist natürlich immer eine Frage, was man für eine Ausgangslage hat. Einige Kunden sind seit längerem in der Cloud unterwegs, deswegen durften wir intern auch das Schweizer Datacenter forcieren. Und wir wussten, dass bestimmte Industrie Bereiche noch sehr zurückhaltend sind. Mit dem Schweizer Datacenter konnten wir sehr viel Schwung in die aktuelle Situation bringen. Natürlich waren wir realistisch und haben gar nicht erst erwartet, dass sich das Blatt innerhalb eines Jahres um 180 Grad wendet und alle Firmen zu 100% in die Cloud gehen. Was wir geschafft haben ist, dass wir bei den sehr restriktiven und regulierten Industrien auf breiter Basis viel in Bewegung gebracht haben, wo vorher noch Bedenken waren. Natürlich sind noch nicht alle in der Cloud, aber es sind sehr viele neue Projekte am Laufen.

Thomas von Mentlen:
Denkst du, dass der Standort Schweiz zu diesem offeneren Mindset beigetragen hat, oder liegt es eher daran, dass die Cloud ein wenig populärer geworden ist?

Primo Amrein:
Es ist sicher eine Kombination. Es hat massiv geholfen, dass man anhand vom Ausland sieht, dass die Cloud Erfolg hat. Und ich glaube, auch wenn es nun kein Schweizer Datacenter von Microsoft gäbe, dann hätten jetzt trotz allem einige Kunden in die Cloud migriert.

Doch die Kombination macht es aus. Denn auch wenn die meisten Kunden keine gesetzlichen Vorgaben haben, dann spielt es emotional ein Riesenfaktor, die Daten sicher in der Schweiz zu wissen. Ich glaube, das hat enorm zum veränderten Mindset beigetragen.

Thomas von Mentlen:
Welchen Einfluss hat die Aufhebung des EU-US Privacy Shield, also das Datenschutzschild im Juli dieses Jahres, für uns und vor allem auch für das Schweizer Datacenter?

Primo Amrein:
Wir haben das erwartet, denn es war nur eine Frage der Zeit, dass die Schweiz entsprechend dem Gerichtsentscheid in der EU nachzieht. Wir haben zu dem Urteil von der EU einen offiziellen Microsoft Blog Beitrag, bei welchem ganz klar festgehalten ist, dass wir seit langem eine Mehrfachabsicherung haben. Jetzt wo Privacy Shield nicht mehr genügt, haben wir nach wie vor, die Standardvertragsklausel.

Und was ich unbedingt anmerken möchte, dies ist ja nur der Fall, wenn effektiv Daten in die USA fliessen. Dies ist ja genau der Grund, dass wir den Speicherort Schweiz und natürlich auch Europa anbieten.

Hinzu kommt, dass neben dem Speicherort «Verschlüsselung» ein wichtiges Thema ist, welches auch der Schweizer Eidgenössische Datenschutzbeauftragte empfiehlt.

Wir sind von Anfang an Datenschutzgrundverordnung compliant – wir erfüllen die GDPR / DSGVO der EU und wir halten uns an das Schweizer Datenschutzgesetz.

Thomas von Mentlen:
Ich möchte gerne noch auf die Cognitive Services eingehen. Für mich als Entwickler ist es sehr interessant, ob die Cognitive Services in Zukunft auch in den Schweizer Datencenter verfügbar sein werden oder ob ich da auf Container ausweichen muss?

Primo Amrein:
Da gibt es eine Unterscheidung bei den Cognitive Services. Die Services, bei denen man die Daten nicht nur aggregiert oder anonymisiert bearbeitet, sondern effektiv individuelle Daten verarbeitet, werden über die Zeit lokal eingeführt. So stellen wir sicher, dass sensitive Daten die Schweiz nicht verlassen. Es kommt immer darauf an, wie der Kunde die Daten der Azure Services einsetzt.

Konkret heisst das, wir erwarten in den kommenden Monaten Azure Search. Dies ist einer der ersten der im Bereich Cognitive kommt. Danach werden quartalsweise Dienste wie zum Beispiel Face, Language Understanding, Indexer Services wie Video Index Schritt für Schritt eingeführt.
Die Cognitive Services die effektiv nur «aggregiert» Daten bearbeiten, werden bis auf weiteres nicht in die Schweiz kommen. Diese kann man nach wie vor dynamisch von Dublin oder Amsterdam beziehen.

Thomas von Mentlen:
Was muss der Kunde beachten bzw. wie kann er sich vorbereiten, wenn er Cognitive Services wie zum Beispiel Language Understanding nutzen möchte und dadurch gewisse Daten in die USA fliessen.

Primo Amrein:
Zuallererst stehen die wichtigsten Services sicher in Europa zur Verfügung, wenn nicht in der Schweiz, dann sicher in Amsterdam. Sehr viele Punkte sind so schon adressiert.

Doch wenn ein Kunde einen Service nutzen möchte, der effektiv nur in der USA gehostet wird, dann empfehlen wir vor allem für sensitiven Daten, dass man ein sauberes Risiko Assessment macht, um den Einsatz abzuwägen. Doch im Grunde gehört das zu den Hausaufgaben bei der Nutzung von sensitiven Daten, nicht nur für die Cloud, sondern auch für alle anderen Bereiche, so dass die Geschäftsleitung eine Risikoabwägung gemacht hat. Als Kunde muss man im Rahmen einer Risikoabwägung prüfen, ob man will, dass die Daten in die USA gehen.
Was spannend ist, dass wir in der Praxis ein massives Umdenken feststellen. Vor zwei, drei Jahren sind die Kunden wegen der Security nicht in die Cloud. Heute ist es genau anders, Die Kunden wollen wegen der Security in die Cloud.

Was aus Sicht von renommierten Schweizer Anwälten aus diesem Bereich häufig zu sehen ist, dass das Risiko im Bereich Security On-Premise grösser ist, als das Risiko, dass man in der Cloud hat.
Doch das ist natürlich ganz individuell und muss sauber analysiert werden.

Thomas von Mentlen:
Warum sollte ich mich als Kunde für die Migration in Azure Cloud in die Schweiz oder nach Amsterdam und nicht für die Migration in die Google Cloud oder zu AWS – Amazon Web Services entscheiden?

Primo Amrein:
Es ist sicher einerseits ein grosser Unterschied, ob ich die Möglichkeit für eine lokale Schweizer Datenhaltung habe oder nicht. Hier fällt AWS schon mal raus. Ausserdem haben wir gegenüber anderen den Vorteil, ein komplettes Cloud Angebot offerieren zu können:
Mit Azure auf der Infrastruktur Seite sowie PaaS Services und mit Cognitive Services & AI.
Mit Microsoft365 auf der Modern Workplace Seite und mit Dynamics365 für CRM und ERP.

Wir sehen häufig, dass Kunden typischerweise erst einmal Office 365 haben, weil sie entsprechend mailen, Dokumente teilen und den Kalender nutzen. Oft realisieren Kunden und auch Partner später, dass sie schon ein Active Directory haben, die Identitäten also schon aufgesetzt wurden und damit ja schon in der Cloud sind.
D.h. wir haben sehr viele Synergien, wenn man Richtung Azure oder Dynamics geht und genau das ist ja unser grosses Steckenpferd, der Gesamtplattform Approach für unsere Kunden.

Und wir profitieren davon, dass wir seit über 30 Jahren in der Schweiz sind und uns eine sehr etablierte Partner Struktur aufgebaut haben. Mit unseren über 4’600 Partnern in der Schweiz haben wir ein sehr gutes Netzwerk und können unsere Kunden lokal über unsere Partner abholen. Denn wir allein skalieren nicht, wir bringen das nur mit der Unterstützung unserer Partner auf den Boden.

Thomas von Mentlen:
Auf was müssen Kunden achten, wenn sie einen Microsoft Partner für die Cloud auswählen möchten?

Primo Amrein:
Als Kunde würde ich primär darauf achten, was die Expertise des Partners ist. Gewisse Partner fokussieren sich auf spezielle Cloud Angebote – auf spezielle Industrien oder Expertise in regulierten Unternehmen.
Wenn ich eine FINMA regulierte Bank bin, dann würde ich darauf achten, dass die Firma schon mal mit solch einem Kunden gearbeitet hat und erfolgreich solch ein Projekt lancieren konnte. D.h. Expertise und Referenz.
Ein weiteres Thema ist natürlich die Qualität der Beratung. Was bringen die Mitarbeiter mit, welche Zertifizierungen haben sie und welche erfolgreichen Projekte haben sie in ihrem Rucksack.
Für mich als Kunde wäre es auch wichtig, wie stark der Partner auf meine eigenen individuellen Bedürfnisse flexibel und zielgerichtet eingehen kann.

Thomas von Mentlen:
Es gibt bei euch ja auch ein «nicht gewinnorientiertes» Kundensegment. Ich selbst bin in der Jungwacht und habe mich für «Stifter-helfen» – das IT-Portal für Non-Profits für unsere kleine Gruppe angemeldet. Wir bekommen Office 365, SharePoint, Teams sowie 3’500,- CHF Azure Guthaben. Wirklich cool, wir können sehr viel damit machen. Die Unterstützung der NGOs ist vermutlich eine Art Verbreitungsstrategie – wie siehst du das?

Primo Amrein:
Das ist mir sehr sympathisch, ich war persönlich lange Jahre bei den Pfadfindern – mit dem gleichen Grundgedanken wie bei der Jungwacht: eine sinnvolle Beschäftigung für Jugendliche und Erwachsene, die etwas Gutes auf die Beine stellen wollen.

Es klingt zwar sehr hochgestochen, doch wir möchten als grosse Firma eine gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, um solchen Vereinen und Organisationen zu helfen. Wir haben zum Beispiel eine öffentliche Referenz für die Microsoft Cloud in der Schweiz mit dem WWF. Und es gibt weitere in diesem Bereich, die davon profitieren. Wir haben sicher auch das Interesse, Menschen unsere eigene Plattform näher zu bringen, so wie das andere Firmen auch machen. Im Education Bereich geben wir zum Teil gratis Lizenzen ab, wenn jemand noch in der Schule oder ein Student ist. Wir haben ein Education Team, das schon viele Schulen unterstützt hat. Nicht zuletzt in der heissen COVID–19 Phase im März und April 2020 wurde das zum Beispiel enorm geschätzt.

Thomas von Mentlen:
Was denkst du, wann ist ein sinnvoller Zeitpunkt, die Digitalisierung generell und die Plattformen wie Teams an die Kinder zu bringen. Jetzt rede ich noch kurz aus Erfahrung von meiner Mutter – sie ist Lehrerin für «Drittklässler» und denkt, dass dies eher ab der fünften Klasse interessant wird.

Primo Amrein:
Durch meine Kinder habe ich gesehen, dass die Einführung in der Oberstufe gut gepasst hat. Mein Sohn ist in der vierten Oberstufe, sprich am Gymnasium, meine Tochter gerade in der ersten Klasse der Oberstufe als sie gestartet haben. In jüngeren Klassen, zum Teil auch schon ab der dritten Klasse, habe ich von meinen Kollegen gehört, dass es sicherlich für gewisse Sachen und zum Reinschnuppern sinnvoll ist. Reiner Unterricht nur mit Teams würde ich in diesem Alter als zu früh ansehen. Dort braucht es begleitend Unterstützung vom Lehrer oder Eltern während dieser Zeit.

Aber es ist natürlich schon so, dass man früher damit konfrontiert wird, nicht nur was Microsoft Produkte betrifft. Die Kinder sind heute schon viel weiter, jeder Jugendliche hat früher ein Handy und das hilft ihnen sicher mit den Technologien näher in Kontakt zu kommen.

Ich glaube persönlich daran, dass es eine Balance braucht. Ein Kind sollte noch ein Kind bleiben dürfen und einfach mal nur spielen oder in den Wald gehen, anstatt nur noch an elektronischen Medien zu hängen.

Thomas von Mentlen:
Es hat doch während der Corona Phase einen Montagmorgen gegeben, als die Nutzung der gratis Angebote der Microsoft zu einem ein– bis zweistündigen Ausfall von Teams geführt hat. Wie hast du das wahrgenommen? Wie hat Microsoft reagiert?

Primo Amrein:
Das Problem bestand vor allem in Amsterdam. So etwas kann immer vorkommen, genauso wie Datacenter und On-Premise Systeme auch mal ein Problem haben können.

Es war sicher ein sehr unglücklicher Zeitpunkt. Wir arbeiteten sehr massiv an zusätzlichen Kapazitäten, um sicherstellen zu können, dass dieses Problem in der weiteren Phase nicht mehr vorkommt.
Obwohl wir immer auf Wachstum vorbereitet sind und Buffer einbauen, darf man nicht vergessen, dass dies zu einem Zeitpunkt passierte, wo wir ein explosives Wachstum hatten. Es lag einerseits an der Nachfrage, anderseits hatten wir gleichzeitig Schwierigkeiten mit der Supply-Chain-Management, da wir keine neuen Server en masse einkaufen konnten, weil China stillstand.

Zum Glück haben wir, um auch das Risiko geopolitischer Spannungen und den Stopp von Import und Export einzuschränken, gewisses Material in grösseren Warenhäusern über die Welt hinweg zwischengelagert und waren in dem Moment sehr froh, darauf zurückgreifen zu können.

Nun läuft es wieder super und auch seit Beginn des Schweizer Datacenter haben wir nie einen Ausfall gehabt. Ein Restrisiko gibt es immer.

Thomas von Mentlen:
Was sind die zusätzlichen Pläne, die ihr in naher Zukunft, anstrebt?

Primo Amrein:
Der nächstgrössere Schritt, bzw. der letzte grosse Launch Schritt, wird der Dynamics Launch sein. Das haben wir auf Ende des Kalenderjahres geplant. Da werden wir mit den ersten Dynamics Workloads, vor allem im Bereich CE Customer Engagement kommen. Diese Information ist öffentlich und es gibt eine Roadmap Seite, die erklärt, welche Module wir geplant haben. Zeitgleich werden PowerApps und Power Automate kommen, Power BI haben wir bereits im Juni 2020 lanciert

Thomas von Mentlen:
Wenn wir jetzt als COSO dem Azure Datacenter gratulieren wollten, was könnten wir machen?

Primo Amrein:
Bitte helft, die Nachricht an Kunden weiterzutragen. Wir haben über das Jahr hinweg gelernt, dass man konstant einen guten Fluss an Neuigkeiten und Informationen aufrechterhalten sollte, so dass das lokale Angebot an Aufmerksamkeit gewinnt.

Und es hilft uns sehr, wenn ihr weiterhin konkrete Kundenreferenzen aufbringt, über die man öffentlich sprechen kann. Das was ihr bei Digicomp schon macht. Dies unterstützen wir sehr. Die Erfahrung zeigt, dass die Schweizer sehen wollen, ob etwas funktioniert hat. Das hilft uns beiden als Win-win.

Die Fragen stellte Thomas von Mentlen, unser Cloud Consultant und Bots Mentor.